BIOTOPE

Gerhard Mantz

Bilder und Videos

Gerhard Mantz, Sichere Position, Digitaldruck auf Leinwand, 2011

Ausstellung
vom 24. November 2013 bis 5. Januar 2014

Einführung
Dr. Peter Funken, Kunstwissenschaftler

Gerhard Mantz ist ein abstrakter Künstler. Seine Bildkonzepte sind aus strukturalen Überlegungen heraus entwickelt. Er sucht dafür immer wieder neue, ihm adäquat erscheinende Ausdrucksmittel. In seinen Landschaften geht es um Verlockung und Verweigerung. Die auf den ersten Blick paradiesische Natur, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als unwirtlich und fremd, trotz ihrer Schönheit. Mal ist sie weiträumig und majestätisch, mal intim wie ein Terrarium. Wir verweilen an der Schwelle und zögern einzudringen durch Gestrüpp oder über sumpfigen Grund. Mantz‘ Bilder sind Computersimulationen und an den Details erkennt man die virtuelle Herkunft und die Künstlichkeit der 3D Programme. An dieser Stelle zerbricht die Illusion der romantischen Landschaft und ermöglicht einen neuen unverbrauchten Blick auf das Genre. 

Gespräch zwischen Stefan Saalfeld (SF) und Gerhard Mantz (GM) am 9. 7. 2013 (Ausschnitt):

SF: Bei deinen Landschaften fällt die leichte Stimmung und gelassene Ruhe deiner Kompositionen auf. Die Tier- und menschenlose Harmonie wirkt fast überweltlich. Man denkt an eine prä- oder auch posthistorische Utopie. 
GM: Richtig, bei mir gibt es keine Figuren, keine Bezugsperson und keinen Stellvertreter mit dem sich ein Betrachter identifizieren könnte. Ich bin ein abstrakter ­Künstler und ­denke in Strukturen, in Systemen. Landschaft ist etwas, womit ich einer abstrakten Struktur die Verbindlichkeit von Stimmungen und Erinnerungen geben kann. Anders ausgedrückt, über Landschaft erreiche ich mit einem Minimum an Gegenständlichkeit ein Maximum an Atmosphäre.
Neben all der Schönheit und Vielfalt der Natur zeige ich auch deren Unwirtlichkeit und Unnahbarkeit. Der Mensch ist der Natur völlig gleichgültig. Sie versucht auch nicht, schön zu sein oder gut. Wenn sie so erscheint, ist es unser Blick, der die Schönheit herausliest beziehungsweise hinein projiziert. Ohne die vertrauten Gegenwartsbezüge wie Menschen, Häuser, Straßen könnte das Bild auch eine ferne Zeit darstellen, in der es noch keine Menschen gab oder eben keine mehr geben wird. Die Welt der Pflanzen ist das Überdauernde, das Stärkere und Großartigere.
SF: Es ist interessant, dass du diesen Gegensatz formulierst zwischen der Schönheit der Natur, die einen einlädt, in der man sich eingebunden fühlen möchte, und gleichzeitig die völlige Gleichgültigkeit der Natur gegenüber dem Menschen betonst. Verstehe ich dich da richtig? 
GM: Genau dieser Widerspruch ist es der mich bei den Landschaftsbildern interessiert.
SF:
 Deine Bilder packen einen gerade durch eine gewisse Diskrepanz: man ist hin- und hergerissen zwischen einer Magie der Farben und Formen, die einen berührt und anzieht, und einer irritierend perfekten digitalen Ästhetik. Ergibt sich hieraus für dich eine Ambivalenz? GM:Anziehung und Abstoßung war immer Thema für mich: Wie eine Stahlkugel die über einem Magnetfeld schwebt, im Gleichgewicht zwischen der Schwerkraft und der magnetischen Abstoßung, möchte ich als Betrachter in einer spannungsvollen Schwebe gehalten werden. SF: Die Titel deiner Bilder wirken auch wie ein zusätzliches Kraftfeld, fast wie Filter, die sich über die Bilder legen. Titel und Bild treten bei der Betrachtung sofort in eine Art Dialog. Steckt da auch etwas Ironie mit drin? 
GM: Ironie, klar. Aber auch ein Interpretationsansatz, der weg führt von der Naturdarstellung. Du musst nur ein wenig um die Ecke denken, den Fragen nachgehen, die der Widerspruch zwischen Titel und Bild aufwirft, zwischen den Zeilen lesen und Du verstehst Titel und Bild, manchmal auch nur ein gefühltes Verstehen, aber eines das über den ersten Anschein hinausgeht.
SF:Du kommst ja ursprünglich von der Bildhauerei – kann man deine Landschaften auch als virtuelle Skulpturen verstehen? 
GM: Ja, ich baue die Landschaften dreidimensional am Computer, wie Sandkasten Modelle. Ich kann darin herumwandern, Standpunkt und Blickwinkel verschieben, und entscheide mich am Ende für einen bestimmten Ausschnitt. Genauso wie es ein ­Fotograf in der Natur machen würde.