Das chinesische Zimmer

Ausstellung
7.12.2016 bis 15.1.2017

Lisa Tiemann I Kata Unger
Installation und Bildteppiche

Eine Ausstellung des Frauenmuseum Berlin e.V. in Kooperation mit der Kommunalen Galerie Berlin

Eröffnung: Dienstag, 6.12.2016 | 19 Uhr

Begrüßung
Elke von der Lieth | Kommunale Galerie Berlin
Rachel Kohn | Frauenmuseum Berlin e.V.

Einführung
Luise Pilz | Kunstwissenschaftlerin und Autorin

4händig spielen, heißt es in der Musik – für die Ausstellung »Das Chinesische Zimmer« würde man eher sagen, dass zwei Künstlerinnen 4händig arbeiten, auf einen Raum hin, in dem Materialität und Stofflichkeit eine ebensogroße Bedeutung haben wie die ihn sie verwebte Semantik. Kata Unger webt tatsächlich, ihr Medium sind Bildteppiche, während Lisa Tiemann mit ihren bildhauerischen Arbeiten die Grenzen des klassischen Skulpturbegriffs auslotet.

Lisa Tiemann (*1981) setzt sich in ihrer eigens für diese Ausstellung konzipierten Installation mit dem chinesischen Zimmer als Gedankenexperiment, das die Wechselseitigkeit von Zeichen und Bedeutung hinterfragt, auseinander. Wie eine Art Geheimsprache, Chiffren ähnlich, schreiben sich die Skulpturen in den real existierenden Raum ein. Sie scheinen einem Narrativ zu folgen, automatisch spielt der Betrachter Abfolgen durch, sucht Verbindungen, gleicht ab und an. Dabei sind es nicht nur die Chiffren, die decodiert werden, wir lesen den Raum, Präsentationsformen und Displays mit. Referenzsysteme, die uns einordnen helfen, Kontexte erschließen, aber auch in die Irre führen und den Deutungsraum sehr eng machen können. So handelt es sich hier nicht um ein lesbares Zeichensystem, sondern um Fragmente der eigenen künstlerischen Praxis. Stellvertreter und Überreste der eigentlichen Kunstwerke. Rekontextualisiert und zur Schau gestellt werfen sie die Frage auf, inwiefern der Rahmen, in dem Werke präsentiert werden, Kontext und Wertigkeit determiniert.

Das Chinesische Zimmer

Homunculus in der Rechnerwolke ist endlich gottgleich und meistert die Prädiktion.
Versteigt sich in holistischen Äußerungen, ordnet die Zeichen nach fallenden Wahrscheinlichkeiten.
Steht im visionären Überdruck einer diskreten, gedächtnislosen Quelle, gewinnt aus verrauschten Daten zuverlässige Ergebnisse. Kurzum, er rechnet, bis Erwartungswert und Varianz übereinstimmen und Momente höherer Ordnung vernachlässigt werden.
Kata Unger, 2016

Kata Ungers (*1961) Bildteppiche und Zeichnungen stehen in der Tradition des Punk, Dadaismus und lebendiger Subkultur. Ungers Bildteppiche sind zugleich Objekt, Zeichnung und Malerei und repräsentieren im Überschreiten der Kategorien Synchronizität. Die Zeichnungen der Künstlerin entstehen während des Prozesses am jeweiligen Teppich, sind eigenständige Werke und stellen jedoch immer wieder inhaltliche und formale Bezüge zu den komplexen Bildteppichen her. Aus den senkrechten und waagerechten Wollpixeln entstehen nicht nur Räume, sondern regelrechte Denkräume, die aus den Systemen und Strukturen unserer Wirklichkeit entnommen wurden.

Eingewebte abstrakte Begriffe sind nicht nur Materialität des Wortes sondern Referentialität neuer Diskurse. Elegant bewegt sich Kata Unger zwischen Poesie, Computersprache und Philosophie. Das Wesen ihrer Kunst ist die Verbindung der rebellischen Haltung und Freiheit mit intellektuellen, theoretischen und sehr vielschichtigen Inhalten, welche wiederum analog und zugleich gepixelt mit selbst gefärbter Wolle hoch ästhetisch umgesetzt werden. Die in der Ausstellung »Das Chinesische Zimmer« gezeigten Bildteppiche »CrackMe oder mein Hirn in der Cloud« und »Die Prognostiker« sind eine ironische Auseinandersetzung mit den Begriffen Singularity und Futologie. (Sabine Elsner)

Am Sonntag, 11.12.2016, 16 Uhr findet ein von Constanze Musterer moderiertes Künstlerinnengespräch statt.