PRINTJAM

Grafiken von

Ronald de Bloeme
Wernher Bouwens
Christoph Ruckhäberle
Thomas Siemon
Edouard Wolton

Ausstellung
22. April bis 1. Juli 2018

Eröffnung: Freitag, 20. April 2018, 19 Uhr

Begrüßung
Elke von der Lieth | Kommunale Galerie Berlin

Die Ausstellung PRINTJAM ist das Ergebnis eines kollaborativen Druckgrafik-Projekts von
fünf internationalen Künstlern, die sich regelmäßig in einer Druckwerkstatt in der Alten
Baumwollspinnerei in Leipzig treffen: Ronald De Bloeme, Wernher Bouwens, Christoph
Ruckhäberle, Thomas Siemon und Edouard Wolton.

Gemeinsam haben sie einen kreativen Prozess von Druckformen und Farben in Gang gesetzt,
der in einem regelrechten PRINTJAM endete. Was als großformatiger Linolschnitt-Solo-Print
(95 x 138 cm) von jedem einzelnen der fünf Künstler in 2014 mit PRINTJAM 1 begann - endete
in einer Flut von über 150 Prints, die sich aus einem lebendigen Mix von zerstückelten
Linolstücken der Fünfergruppe zu kollektiven Prints zusammensetzen.

Die angewandte druckgrafische Technik ermöglicht es, die Formen aus den jeweils eigenen
Werken herauszulösen, um gemeinsam neue Kombinationen zu kreieren. Die individuellen Handschriften der beteiligten Künstler bleiben im kollektiven Prozess identifizierbar. Gleichzeitig schaffen sie durch ihre gegenseitigen Überlagerungen unerwartete Verbindungen, Spannungen
und Harmonien.

Mit PRINTJAM 2 in 2015-2016 fand das Projekt seine aktuelle Fortsetzung. Neben fünf Soloprints, Originalhochdrucke von Linolschnitten, siebenfarbig, im Format 50 x 70 cm, wurden wiederum gemeinsame JAMPRINTS gedruckt, die in der Ausstellung gezeigt werden. Zur Ausstellung wurden zusätzlich eine Kollektivtapete und als Sonderedition, fünf Solotapeten gedruckt (Auflage 20 Ex.).

Ronald de Bloeme (geb. 1971)
Der in den Niederlanden geborene und in Berlin arbeitende Künstler Ronald de Bloeme befasst sich in seinen Arbeiten mit Zeichensystemen. Zeichensysteme umgeben uns täglich in Form von Sprache, Piktogrammen oder Symbolen. Sie zielen auf einen Austausch ab, der nur gelingen kann, wenn alle Kommunikationspartner in der Lage sind, die Zeichen gleich zu deuten.
De Bloeme thematisiert diesen konstanten Drang zur Kommunikation vor dem Hintergrund der Konsumgesellschaft, indem er vorgefundene Bildmaterialien abstrahiert und manipuliert. Bei der Bearbeitung am Computer tilgt De Bloeme Text und figurative Elemente aus Logos und Verpackungsdesigns, dehnt oder invertiert sie. Das Material wird auf eine visuelle Erfahrung reduziert und erprobt zugleich die Grenzen der minimal erforderlichen Information. Mithilfe von Lack schafft der Künstler auf Baumwollleinwänden geschlossene horizontale und vertikale Farbflächen. Dabei ist vor allem der Einsatz von besonders intensiven Farben kennzeichnend. Trotz der starken Reduktion der vorgefundenen Formen sind diese so charakteristisch, dass sie auch in Printjam klar erkennbar bleiben.

Wernher Bouwens (geb. 1969)
Bouwens praktiziert in seinem Werk eine große Bandbreite von druckgrafischen und malerischen Techniken. Das unendliche Feld der Möglichkeiten inspiriert ihn zur Reflexion über die verschiedenen Zustände, die Farbe je nach Art der Bearbeitung annimmt. So nähert er sich auf malerische Weise der Druckgrafik an, indem er auf eine reduzierte Palette an Formen und Farben zurückgreift. Mit Orange, Grün und Blau imitiert er Halbtöne auf der Basis von Rastern. Da manche Drucktechniken Halbtöne nicht darstellen können, werden die Bilder in Raster zerlegt, um die Tonabstufung vorzutäuschen. So geschieht es zum Beispiel bei Fotografien. Für das menschliche Auge bleibt das Raster normalerweise unsichtbar. Bouwens zelebriert das, was tausende Drucker jeden Tag automatisch tun – in seinen vergrößerten Rastern legt er die Farbflächen übereinander, ohne dass sie sich physikalisch mischen. Die optische Mischung zeigt, dass jedes Element eines Bildes Teil eines Systems von Gegensätzen und Zusammenhängen ist, die sich auf unvorhersehbarem Weg zu einer Komposition zusammensetzen. Auch in das Projekt Printjam brachte er verschiedene Raster ein, die die Überlagerung von Farben und ihre Wirkung auf das Gesamtsystem Komposition veranschaulichen.

Christoph Ruckhäberle (geb. 1972)
Ruckhäberles Arbeiten werden oft mit der Neuen Leipziger Schule assoziiert. Sie zeigen ein Zusammenspiel von figurativen und abstrakten Elementen. Vergleiche mit dem Sozialen Realismus, dem Deutschen Expressionismus, dem Kubismus und der Pop Art rühren von der grafischen Wirkung der gemalten Bilder, die teils maskenhafte Strukturen aufweisen sowie von der Auflösung der Körper in geometrische Formen und von teils volkstümlich anmutenden Motiven her. Einflüsse und Inspirationen fließen frei und intuitiv in seine Werke ein. Der 2007 mitbegründete Lubok Verlag verrät die Nähe zur Druckgrafik. Nachdem Ruckhäberle ursprünglich Trickfilmanimation studieren wollte und sogar ein Disney-Stipendium bekam, führte ihn seine Suche nach einem individuelleren künstlerischen Schaffen an die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Seit 2017 hat er dort eine Professur für Druckgrafik inne. Unter anderem setzt er sich intensiv mit dem Raum auseinander. Seine Ausstellungen werden oft großflächig mit auffälligen Mustern tapeziert. Diese Muster und seriellen Reihungen spielen auch in den malerischen Arbeiten eine tragende Rolle.

Thomas Siemon (geb. 1969)
Der Inhaber der 2002 gegründeten Druckwerkstatt „carpe plumbum“ veröffentlicht unter anderem mit dem Künstler Christoph Ruckhäberle originalgrafische Bücher im 2007 gemeinsam gegründeten Lubok Verlag. Der Name Lubok (russ. „Lindenrindchen“) lehnt sich an traditionelle russische Holzschnittpublikationen, auch Volksbildchen genannt, an. Siemon erschafft als Grafikdesigner, Buchkünstler, Setzer und Drucker eigene grafische Werke in Form von Holzschnitten, welche sich mit der Visualisierung von Spuren und Wegen beschäftigen. Dabei überträgt er elektronische Daten, die bei verschiedenen Aktivitäten wie Museumsbesuchen oder Spaziergängen mit seinem Hund aufgezeichnet wurden, in eine grafische Form. Die zittrigen Linien, die jeden Schritt des Künstlers erfassen, stehen in Printjam in Kontrast zu den zumeist geradlinigen und scharfen Formen der anderen beteiligten Künstler. Ganze, unbearbeitete Holzplatten mit Gebrauchsspuren werden bei Siemon zu Druckplatten. Hierbei zeichnet sich jeder Kratzer und jede Unebenheit in dem flächigen Abdruck der Platte ab.  

Edouard Wolton (geb. 1986)
Der Pariser Künstler ergründet in seinen malerischen Arbeiten und Druckgrafiken das Verhältnis von Mensch, Körper und Natur. Landschaften, Kristalle, Pflanzen und wissenschaftliche Illustrationen sind Elemente, die immer wieder in seinen Werken auftauchen. Seine Landschaftsmalereien wecken Assoziationen zu einem seit der Renaissance kultivierten Bild eines Menschen, der die Natur beherrscht. Die rätselhaften Collagen stehen in starkem Kontrast zu einer im Atelier geplanten und arrangierten Natur. Wolton konfrontiert esoterisch und wissenschaftlich konnotierte Objekte wie den Kristall oder das Dreieck mit der Vorstellung von Rationalisierung. Seine Stiche, Siebdrucke, Ölgemälde und Installationen schaffen in ihrer Gesamtheit den Eindruck einer Wunderkammer. Sie beschwören das Mystische, das Ungewisse, das den Wunsch nach einer Herrschaft über die Natur begründet. Dabei spielen sie auf geschickte Weise mit ihren jeweiligen medialen Eigenschaften. Farbliche Verfälschungen lassen vertraute Objekte befremdlich erscheinen, während die klar erkennbare Siebdruckstruktur auf ihrer Oberfläche stets den Versuch der Objektivierung in Frage stellt.  

Gruppenfoto (v. l. n. r.): Wernher Bouwens, Thomas Siemon,
Ronald de Bloeme, Christoph Ruckhäberle, Edouard Wolton

Abbildungen oben: Jamprints - PRINTJAM 2, Linolschnitte auf Papier, je 70 x 50 cm

Gefördert von der Senatsverwaltung Kultur und Europa
Ausstellungsfonds Kommunale Galerien in Berlin