Rosemarie Zens
The Sea Remembers

Ausstellung
25. April bis 10. Juni 2018

Eröffnung: Dienstag, 24. April 2018, 19 Uhr

Begrüßung
Elke von der Lieth | Kommunale Galerie Berlin
Norbert Wiesneth | Kurator der Ausstellung

Einführung
Prof. Klaus Honnef | Kunstkritiker

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Jahrzehnte nach dem Kriegsende reist Rosemarie Zens das erste Mal in ihren Geburtsort im heutigen Polen, den sie, wie viele andere Flüchtlinge, 1945 als Kleinstkind mit ihrer Mutter verlassen musste. Sie begibt sich auf eine Spurensuche an den Ursprung ihres Lebens, eine Suche nach der Bedeutung von Herkunft und Gedächtnisspuren, den ersten prägenden Erinnerungen. Mit der Kamera hält sie fest, was ihre Aufmerksamkeit erregt: die Weite der Wiesen, die Wege ins Unbekannte, nächtliche Schattenumrisse. Entrückte, geheimnisvolle Landschaftsaufnahmen vermischen sich mit Bildern aus dem Familienarchiv und verschränken bruchstückhafte Erinnerungen mit Bilderfindungen.

Rosemarie Zens arbeitete als Lehrerin, Psychotherapeutin und Schriftstellerin, bevor sie anfing, freie Projekte zu fotograferen. Dieser Hintergrund ist in all ihren Werken zu erkennen. In ihrer Arbeit “The Sea Remembers” geht die Künstlerin der Beziehung zu den blinden Flecken der frühen Kindheit nach, die nur schwer an konkreten Orten festzumachen sind. So werden die Häuser im Nebel, die vereisten Wiesen oder die hohlen Waldwege zu inneren Landschaften, die sich mit den Fotografen aus dem Familienarchiv zu nichtlinearen Erzählsträngen rhythmisch verweben. Dabei bleibt vor allem eines: offene Bildwerke, die dem Betrachter erlauben, entfernte Seelenzustände nachzuempfnden und mit eigenen Erfahrungen zu verbinden.

„Es heißt, es gäbe ein Zellgedächtnis, das Zellwasser sei aufgeladen mit vielsagenden Kräften. Ausgemessen und kartographiert sollen darin weit zurückliegende Gedächtnisspuren aufgehoben sein, die sich erneut den Weg zu körperlich Erlebtem suchen. Unser Ursprungsort jedoch entzieht sich uns, wenn wir ihn auf einen Punkt bringen wollen. Dann verwandelt er sich wie das Meer, das nichts erfndet, aber verschiedene Formen annimmt. So wie unser Bewusstsein und Gedächtnis danach
streben, sich ständig zu vergewissern durch Erinnerungen sich neu zu orientieren, um vorläufg eine Ordnung der Dinge und Bilder zu schafen“, schreibt Rosemarie Zens in ihrem Essay in dem die Ausstellung begleitenden Buch.

Nach Stationen in Boston und Osnabrück freuen wir uns sehr, diese Ausstellung zum ersten Mal in Berlin im Projektraum | PhotoWerkBerlin zeigen zu können.

 

Rahmenprogramm

Sonntag, 6. Mai 2018 | 14 Uhr
Werksgespräch
Rosemarie Zens mit dem Kurator Norbert Wiesneth

Sonntag, 3. Juni 2018 | 14 Uhr
Rosemarie Zens im Dialog mit dem Fotografen Artur Urbanski (Łódz) über kollektive Gedächtnisse

 

Kommunale Galerie Berlin in Kooperation mit PhotoWerk Berlin

Abb.: © Rosemarie Zens, The Sea Remembers, Fotografie, 2014

Gefördert von der Senatsverwaltung Kultur und Europa
Ausstellungsfonds Kommunale Galerien in Berlin


Decades after World War II, Rosemarie Zens returned for the first time to the town in today’s Poland where she was born. In 1945, when she was just a young child, her mother, like many other refugees, had been forced to flee with her. She embarked on a search for clues about her early life, a quest for the meaning of origins and memory, for the first formative experiences. With her camera, she captured the things that drew her attention: the expanses of meadow, the paths into the unknown, the silhouettes of night-time shadows. Mysterious and ethereal landscape photographs mingle with photos from family albums, intertwining fragmentary memories with pictorial inventions.

Before she began working on her free-lance photography projects, Rosemarie Zens worked as a teacher, psychotherapist and writer and this background is recognizable in all her works. In The Sea Remembers, the artist pursues the link to the blind spots of early childhood, which are difficult to connect with concrete places. Thus the houses in the mist, the frost-covered meadows or the hollow forest paths become inner landscapes rhythmically interwoven with photographs from her family archive to make up non-linear narrative strands. This results mainly in open pictorial works that enable the viewer to sense far-distant mental states and connect them with his or her own experiences.

”It is said that there is a cellular memory, that cell water is laden with meaningful powers, that traces of memory, measured and mapped and reaching far back into the past, are stored in it and are seeking the way to physical experience. But our place of origin eludes us when we try to pin it down. Then it changes like the sea, which invents nothing yet takes on different forms. Just as our consciousness and memory strive to constantly reassure us, to re-orient us through memories and to temporarily establish for us an order of things and images,” Rosemarie Zens writes in her essay in the book published at Kehrer Verlag, Heidelberg 2014