ABWESEN

Frauen Museum Berlin e.V. zu Gast in der Kommunalen Galerie Berlin

Karoline Schneider, Mr. George © Karoline Schneider

Ausstellung
vom 16. Februar bis 30. März 2014

Karoline Schneider | Bilder 
Eriko Yamazaki | Gebilde

Einführung
Sabine Kolb

»ABWESEN« – was ist das für ein Titel? Fehlt da ein »d« am Ende oder gibt es dieses Wort tatsächlich? Ist es Verb oder Substantiv? Aber was wäre dann ein »Abwesen«? Die Irritation ist gewollt. Beide Künstlerinnen spielen damit auch in ihrer Arbeit, die im ganz wörtlichen und damit uneigentlichen Sinn »oberflächlich« ist, sich nämlich ganz explizit, liebevoll und tiefgründig mit Oberflächen und Materialitäten auseinandersetzt, die eben nicht als wesenlose (abwesenlose?) Hülle begriffen werden, sondern sinnlich wahrnehmbare Körper umhüllen. Sie sind nicht die ersten, die sich des Wortgebildes »ABWESEN« bedienen: Der Philosoph Byung-Chul Han benutzt es im Zusammenhang mit fernöstlicher Kultur als Gegenbegriff zum ANWESEN und auch zur ABWESENHEIT des ICHs. Doch das ist nur eine von vielen möglichen Definitionen.

Karoline Schneider, die seit 90er Jahren überwiegend mit Zeichnung und Radierung arbeitete, deren Thema aber von Beginn ihrer künstlerischen Entwicklung an die Darstellung von Menschen war, zeigt eine im wahrsten Sinne »berührende « Serie von Portraits, die sie in der Technik der Ambrotopie (nasses Kollodiumsverfahren) hergestellt hat. Inmitten der rasanten technischen Entwicklung digitaler Fotografie ist die Wahl dieses Verfahrens eine bewusste Entscheidung für Langsamkeit, gewisse Einschränkungen und durchaus auch unverhersehbare Zufälle. Der technische Prozess ist nicht einfach, der Ausgang völlig ungewiss, was seitens der portraitierten Personen großes Vertrauen in die künstlerische Kompetenz der Fotografin voraussetzt. Vielleicht ist dieses Vertrauen der Grund dafür, dass der Blick des Betrachters an diesen Portraits nicht einfach vorbeigleiten kann, dass die Portraits eine große Tiefe haben, die einen gefangen nimmt, dass die Blicke, selbst wenn sie nicht in die Kamera gerichtet sind, eine unglaubliche Intensität haben.

Eriko Yamazaki, die gerade ihr Studium in Weissensee abgeschlossen hat, arbeitet auf ganz andere Weise. Ihr Sujet sind nicht Menschen, wohl aber Gefühle oder Spuren von Gefühlen, die sowohl Menschen als auch Tiere haben könnten. Ein wichtiger Referenzpunkt ist für sie das Nest – als Hülle, als Behausung, als Umgebung und als eine Art Negativ-Form des Lebewesens, das darin wohnt und ihm seine Prägung gibt. Vogel-, Ameisen- oder Termitenbauten bestehen häufig aus Einzelelementen wie etwa Halbkugeln oder haben röhrenförmige Auswüchse und Blasen. Wie in einer Megacity wachsen diese Einzelelemente zu Installationen zusammen, d.h. die einzelnen Skulpturen sind nie vollendet, sie können jederzeit weiterwuchern oder sich transformieren – was zum Teil materialbedingt ist: die eigenwillige Kombination von Pappmaché und Ton ist ein Markenzeichen der Künstlerin, die damit auch auf ökologische Prozesse referiert. Das sich Verändernde ihrer Arbeit ist Konzept: »Meine Skulpturen stehen im Widerspruch zum Zeitverlauf. Man weiß nicht, ob sie schon fertig sind, kaputt, zerbrochen oder ob sie noch weiter wachsen. Das Material kann sich allein durch Luft, Feuchtigkeit und Trockenheit verformen.« 

Karoline Schneider 
1970 geboren in Halle 
Lebt und arbeitet als Künstlerin und Dozentin in Berlin.
1990–1997 Studium an der HdK Berlin und der HFF Potsdam

Einzelausstellungen: 
2013 »Angesichter«. Kollodiumfotografie im Lehniner Institut für Kunst und Handwerk 
Gruppenausstellungen: 
2003 Festkunst – Kunstfest, Radierungen in der Galerie am Klostersee Lehnin 
2005 »Vice-Versa« Fotogrfie »Eine Homage« und Radierungen »Bildnisse« in Tervuren/Belgien 
2008 »Vice-Versa« Fotografie »Frauenbildnisse« in Tervuren/Belgien

Eriko Yamazaki 
1982 geboren in in Osaka (Japan) 
Lebt und arbeitet in Berlin. 
2001–2005 Studium an der Kyoto Seika Kunst Universität (Japan), Fachgebiet Radierung (Prof. Kunito Nagaoka) 
2008–2013 Studium der Bildhauerei (Prof. Hannes Brunner) an der Kunsthochschule Berlin Weissensee 
ab 2014 Meisterschülerstudium an der Kunsthochschule Berlin Weissensee

Ausstellungen: 
2013 Kunstausstellung Natur–Mensch im Nationalpark, Harz 
KHB Abschlussausstellung in Uferhallen, Berlin 
SHAMBOLIC im Projektraum Das Gift, Berlin 
48 STUNDEN NEUKÖLLN im Studio Nikibi, Berlin 
Ausstellung der museumFLUXUS+studis, Potsdam 
Transition in Lia (Leipzig International Art Programme) in der Leipziger Baumwollspinnerei 
Zusammenarbeit mit Galerie Manière Noire (Berlin), Leipzig 
2012 Ortstermin Moabit in der Galerie Udo Würtenberger, Berlin 
Licht Farbe Linie/ Light Color Line im Studio Spreehöfe, Berlin 
48 STUNDEN NEUKÖLLN im Studio Sonnenallee 90, Berlin 
Keramikausstellung in der Neue Saarbrücker Kunstverein, Saabrücken