It's a »She Thing« | Frauenmuseum Berlin

Verena Kyselka, Videostill aus dem Animationsfilm Frauenklasse, 2009/2019

Ausstellung

vom 18. November 2022 bis 12. Februar 2023

Ulrike Dornis | Malerei/Zeichnung       
Andrea Golla |Textile Kunst           
Rachel Kohn | Skulptur/Installation       
Verena Kyselka | Videoinstallation      
Susanne Piotter | Installation/Objekt     
Zuzanna Schmukalla | Malerei         
Anja Sonnenburg | Zeichnung                
Sibylla Weisweiler | Malerei

Veranstaltung: Sonntag, 15.1.2023, 14-16 Uhr

Ausstellungsrundgang mit der Kunstwissenschaftlerin Dr. Beatrice Miersch

 

Acht Berliner Künstlerinnen des Frauenmuseums präsentieren in der Ausstellung It’s a «She Thing» ihre Perspektiven auf vergangene bis aktuelle frauen- und genderimmanente Fragen. In einer Art Umschau durch die vergangenen 100 Jahre werden Missstände und Handlungsbedarfe, kurzweilige Erfolge und Erwartungshaltungen verhandelt und einige der Möglichkeiten des aktuellen Diskurses um Diversity, Identitätspolitik und Selbstermächtigung skizziert.

Ulrike Dornis dekonstruiert mittels weiblichem Reenactment das ikonographische, männlich geprägte historische Bildgedächtnis und befreit auf ihren großen Pastellzeichnungen die tradierten Posen der Alten Meister*innen mit Hilfe weiblicher Modelle in neuartigen Bewegungssequenzen.

Die Angst vor Konkurrenz sorgte dafür, dass die gerade erst zugelassenen Frauen ihr Studium ab 1920 am Bauhaus ausschließlich in der «Webereiklasse» absolvieren durften. Verena Kyselkas Installation ist eine Hommage an die Künstlerinnen jener Klasse und ihr beharrliches Schaffen in einer überaus männerbündischen Künstler-Sphäre.

Virginia Woolfs Sehnsucht nach «Einem Zimmer für sich allein», dem 1929 erschienen Essay, bildet die Grundlage von Anja Sonnenburgs Arbeit. Größtenteils rot übermalt, ergeben die freistehenden Worte der 150seitigen Reclamausgabe - verbunden durch weiße Linien - eine Gedankenlandkarte, die zum mentalen Flanieren auffordert.

Rachel Kohns figurative Keramik-Skulpturen sind eine Reflexion auf tradierte Rollenbilder und Erwartungshaltungen. Sie erzählen von den alltäglichen Sorgen und Lasten weiblicher Lebenswelten, begleitet vom Verlangen nach Veränderung. Sie mahnen: In puncto Gleichstellung besteht nach wie vor Handlungsbedarf!

Die wilden Strukturen der Natur dienen Sibylla Weisweiler als Ausbruch aus unliebsamen Zuständen und festgefahrenen, frustrierenden und gesellschaftlich normierten Anforderungen an Frauen. Ihre Gedankenwälder sprengen den Mental Load und lassen den Alltag durch die überlagerten verflochtenen Verästelungen hinter sich.

Über lange Zeiträume verknüpft Andrea Golla Strümpfe und Strumpfhosen Anderer zu textilen Arbeiten, deren Inhalte wahrlich in Auflösung begriffen sind: Unermüdlich verwirft sich das ornamentale «SEXES» Zeile für Zeile selbst und eröffnet den Blick jenseits binärer Codes. Ein Lewis-Carrol-Zitat kann - muss aber nicht - dechiffriert werden, um den offensichtlichen Sinn hinter den Worten zu begreifen.

Zuzanna Schmukallas informelle Malerei zeigt starke Analogien zur aktuellen Genderdebatte: beide lösen sich von ihren kulturellen Wurzeln und eröffnen individuelle Freiheiten in der Kunst der Nicht-Form/-Angepasstheit. Mit der Aufhebung von bestehenden (binären) Strukturen wird Diversität möglich.

«Bitch» und «Slut» - offenkundige Beleidigungen von Frauen -, prangen in großen, gegossenen Betonlettern an der Wand. Susanne Piotters Arbeiten sind eine Referenz an Rap-Künstlerinnen, die sich der negativen Zuschreibungen entledigen, sie umgekehrt haben und als Selbstzuschreibung ostentativ für sich nutzen.

Das Frauenmuseum Berlin versteht sich als Netzwerk für in Berlin lebende und arbeitende Künstlerinnen. Ziel des Engagements ist es, ihnen ein Forum zu bieten, ihre Vernetzung zu fördern und durch Ausstellungen von zeitgenössischen Positionen eine interessierte Öffentlichkeit auf ihre Arbeiten aufmerksam zu machen.

Weitere Informationen
Ulrike Dornis Andrea Golla (ohne Webseite) Rachel Kohn Verena Kyselka Susanne Piotter Zuzanna Schmukalla Anja Sonnenburg Sibylla Weisweiler

frauenmuseumberlin.de

Kuratiert von Rebekka Liebmann

Ulrike Dornis, Joana und Helen proben für Timoclea stürzt einen Hauptmann Alexanders des Großen in einen Brunnen nach Elisabeth Sirani, 2022, 240 x 150 cm, blaue Pastellkreide auf Zeichenkarton
Andrea Golla, SEXES, 2020 - 2022, 220 x 120cm, Wandteppich aus Socken, Strümpfe und Strumpfhosen von 29 Sammler*innen
Rachel Kohn, Hausträgerin, 2021, 30 x 20 x 25 cm, Steinzeug
Susanne Piotter, bitch, 2022, 100 x 33 cm (ohne Kette), Beton und Ankerkette, verzinkt

Zuzanna Schmukalla, o.T., 2022, 200 x 150 cm, Acryl auf Leinwand
Anja Sonnenburg, Ein Zimmer für sich allein, 2019, 147 x 142 cm, rote Acrylfarbe, Graphit, weißer Gelstift auf Alu-Dibond
Sibylla Weisweiler, Be A Lady They Said, 2022, 190 x 140 cm, Acrylfarbe auf Leinwand

Impressionen der Ausstellungs-Eröffnung

Fotos: Piotr Bialoglowicz

Blick in den Ausstellungsraum
Blick in den Ausstellungsraum
Besucher steht vor dem Wandteppich von Andrea Golla
Besucher vor dem Werk "usual" von Andrea Golla, Wandteppich aus Socken, Strümpfen und Strumpfhosen
einige Personen blicken auf die Gemälde von Sibylla Weisweiler
Besucher*innen betrachten die Werke von Sibylla Weisweiler
eine Besucherin zeigt mit dem Finger auf den Wandteppich von Andrea Golla
Besucher*innen vor dem Werk "sexes" von Andrea Golla
Besucherinnen lauschen der Eröffnungsrede
Besucher*innen während der Eröffnungsrede
Blick in den Ausstellungsraum
Blick in den Ausstellungsraum
links: Sibylla Weisweiler, Acryl auf Leinwand
Mitte: Rachel Kohn, Steinzeug
rechts: Ulrike Dornis, blaue Pastellkreide auf Zeichenkarton
mit Wolle bespannte Handwebrahmen auf dem Fußboden, an der Wand Projektion einenes Animationsfilms von Verena Kyselka zum Thema "Frauenklasse"
Verena Kyselka, Frauenklasse, bespannte Handwebrahmen, Wolle, Animationsfilm
Blick in den Ausstellungsraum mit Werken der Künstlerinnen
Blick in den Ausstellungsraum
links: Werke von Ulrike Dornis, blaue Pastellkreide auf Zeichenkarton
Mitte: Rachel Kohn, Steinzeug
Die Wörter slut, dyke, pussy, hoe, bitch hängen in Beton gegossen an Ankerketten an der Wand im Foyer der Galerie
Foyer: Susanne Piotter, Beton und Ankerkette